Hauskauf – Abweichung der Wohnfläche

BGH Urteil vom 06.11.2015 Az.: V ZR 78/14

Der BGH musste sich mit der Frage beschäftigen, ob dem Käufer eines Hauses Ansprüche zustehen, wenn sich nach notarieller Beurkundung des Kaufvertrags herausstellt, dass die im Exposé und in den ausgehändigten Grundrisszeichnungen gemachten Angaben zur Wohnfläche von der tatsächlichen Quadratmeteranzahl abweichen.

 

Sachverhalt (verkürzt)

Mit notariellem Vertrag kauften sich das Ehepaar im Jahre 2009 ein Haus zu einem Preis von 550.000,- €. Das Haus wurde zuvor in einem Exposé und auf der Internetseite der Beklagten angeboten und darin eine Wohnfläche von ca. 200 m2 sowie eine Nutzfläche von ca. 15 m2 angegeben. Auf Nachfragen der Käufer wurde diesen eine Grundrisszeichnung der drei Geschosse (EG, OG und DG) mit Angaben der Flächenmaße ausgehändigt, aus deren Addition sich für die Räume und die Dachterrasse eine Fläche von insgesamt 215,3 m2 ergibt.

Nach Kauf des Hauses ließen die Käufer durch einen Architekten die Wohnfläche des Gebäudes berechnen, der zwar eine tatsächliche Wohnfläche von 215,3 m2 ermittelte, jedoch unter Zugrundelegung der Wohnflächenverordnung nur eine tatsächliche Gesamtwohnfläche von 171,74 m2.

 

Im Einzelnen:

In seinem Urteil kam der BGH zum Schluss, dass durch eine vorvertragliche Beschreibung von Eigenschaften, wozu auch die Wohnfläche gehört, keine Ansprüche begründet werden können, wenn diese nicht in der notariellen Urkunde ihren Niederschlag gefunden haben.

Dem Käufer hätten im vorliegenden Fall nur dann Ansprüche gegen den Verkäufer zugestanden, wenn die Abweichung der Wohnfläche ein Mangel i.S.v. § 434 BGB begründet hätte. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn entweder die Angaben der Wohnfläche im Exposé und in den Grundrisszeichnungen eine Vereinbarung über die Beschaffenheit gewesen wären (§ 434 I S.1 BGB ) oder eine Beschaffenheit die der Käufer aufgrund von Äußerungen des Verkäufers von der Kaufsache erwarten darf (§ 434 I S.3 BGB).

Beide Konstellationen wurden vom BGH verneint.

Angaben im Exposé stellen seiner Auffassung nach keine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. S.1 dar, da durch die vor Vertragsschluss aushändigten Grundrisse mit den Flächenangaben der einzelnen Räume und der jeweiligen Geschosse die Angaben des Exposés konkretisiert wurden, so dass sich die Parteien gerade nicht auf die im Exposé gemachten Angaben verständigten.

Aber auch durch die Aushändigung der Grundrisse sah der BGH keine konkludent (aus den Umständen des Vertragsschlusses) getroffene Beschaffenheitsvereinbarung.

Seinen Ausführungen nach ist den Parteien bekannt, dass der Kaufvertrag notariell zu beurkunden ist und in diesem auch alle Erklärungen aufzunehmen sind, die eine Regelung enthalten. Vor diesem Hintergrund sei nicht davon auszugehen, dass die Parteien eine Bindung gewollte haben und zwar selbst dann, wenn in der Urkunde zu der Vereinbarung einer Beschaffenheit nichts aufgenommen wurde.

Zudem entspricht die Negierung einer Beschaffenheitsvereinbarung dem Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessensgerechten Vertragsauslegung (§§133, 157 BGB).

Der Käufer kann nicht davon ausgehen, dass der Verkäufer mit ihn eine bestimmte Beschaffenheit des Objekts mit der Folge einer nicht ausschließbaren Haftung (i.d.R. wird die Haftung für Mängel im Kaufvertrag ausgeschlossen) vereinbaren will, wenn die geschuldete Beschaffenheit im Kaufvertrag nicht erwähnt wird.

Auch fungiert die notarielle Beurkundung als Warn- und Schutzfunktion. Diese wäre aber entscheidend infrage gestellt, wenn eine vorvertragliche Beschreibung bestimmter Eigenschaften des Grundstücks oder Gebäudes zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führen würde, ohne diese in notariellen Vertrag ausdrücklich zu erwähnen. Auch der mit dem Beurkundungszwang verfolgte Zweck, den Parteien eine rechtskundige Beratung und Belehrung zukommen zu lassen, würde verfehlt, wenn schon Äußerungen des Verkäufers im Vorfeld des Vertragsschlusses zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führen würden.

Aus den soeben genannten Gründen ist es nicht möglich, durch zur Verfügung stellen eines Exposés oder die Aushändigung von Grundrisszeichnungen, eine Beschaffenheit des Hauses konkludent zu vereinbaren.

Auch nach § 434 I S. 3 BGB konnte die Käufer nicht mehr erwarten als im Exposé angegeben war. Nach dem Sachverständigengutachten betrug die Wohnfläche 215,3 m2, was den Angaben des Exposés entsprach. Dass sich nach der Wohnflächenverordnung (WoFIV) etwas anderes ergab ist irrelevant, da im Exposé keine Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der Wohnfläche genannt wurde. Demzufolge durften die Käufer auch nicht mehr erwarten, als das Gebäude diese tatsächliche Wohnfläche hat.

 

Tipp:

Achten Sie beim Kauf einer Immobilie immer darauf, ob zu der Berechnungsmethode der Wohnfläche Angaben gemacht wurden. Enthält das Exposé hierzu keine Angaben, fordern Sie Informationen hierzu ein. Sollten Sie sich anschließend zum Kauf der Immobilie entschließen, bestehen Sie darauf, dass im notariellen Vertrag ausdrücklich die Wohnfläche und die Berechnungsmethode fixiert werden. Nur dann können Sie bei späteren Unstimmigkeiten erfolgreich gegen den Verkäufer vorgehen.

Übrigens: Treffen Sie mit dem Verkäufer bzgl. der Wohnfläche nur eine mündliche Vereinbarung, so liegt eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung vor. Zwar wäre diese mangels notarieller Beurkundung zunächst unwirksam, aber durch die anschließende Auflassung und Eintragung ins Grundbuch wird dieser Mangel geheilt und die Vereinbarung dadurch wirksam. Nur denken Sie daran, dass derjenige, der sich auf eine mündliche Vereinbarung beruft, diese im Streitfall auch zu beweisen hat!

 

(Dipl. Jur. W. Bauer)