Kündigung wegen Eigenbedarf für ein paar Wochen im Jahr – geht das?

BGH Urteil vom 21.08.2018, Az.: VIII ZR 186/17

Der BGH hatte drüber zu urteilen, ob eine Kündigung wegen Eigenbedarf rechtens ist, wenn der Eigentümer die Wohnung lediglich für ein paar Wochen im Jahr als Zweitwohnsitz nutzt.

 

Sachverhalt

Der Vermieter ist Eigentümer eines im Familienbesitz befindlichen Wohnhauses und lebt überwiegend in Finnland. Zwei Wohnungen des Mehrparteienhauses werden bereits sporadisch von seiner Familie genutzt. Dabei handelt es sich i.d.R. um zwei Aufenthalte pro Jahr, die sich auf ca. zwei Wochen erstrecken. In dem Anwesen befindet sich zudem eine 5-Zimmer-Wohnung, deren Mietern mit der Begründung gekündigt wurde, dass man für die gelegentlichen Aufenthalte eine weitere Wohnung für sich, die Kinder sowie deren Kinder benötige.

 

Im Einzelnen

Der BGH urteilte, dass der Eigentümer einer vermieteten Wohnung auch dann wegen Eigenbedarf kündigen kann, wenn er diese lediglich als Zweitwohnung für sich und seine Familie für ein paar Wochen im Jahr nutzen will.

Gem. § 573 II Nr. 2 BGB kann der Eigentümer wegen Eigenbedarf kündigen, wenn er die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.

Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob bei einer Nutzung als Zweitwohnung von einem Benötigen gesprochen werden kann.

Zu den Grundsätzen einer Eigenbedarfskündigung führt der BGH aus, dass § 573 II Nr. 2 BGB Ausdruck des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist, der den Eigentümer in seiner Freiheit schützt, die Wohnung bei Eigenbedarf selbst zu nutzen oder durch privilegierte Angehörige nutzen zu lassen. Dabei haben die Gerichte den Entschluss des Vermieters, die vermietete Wohnung nunmehr selbst zu nutzen oder durch den Kreis privilegierter Dritter nutzen zu lassen, grundsätzlich zu achten und ihrer Rechtsfindung zugrunde zu legen. Ebenso haben sie grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen ansieht. Die Gerichte sind daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen.

Dem Erlangungswunsch des Vermieters sind allerdings zur Wahrung berechtigter Belange des Mieters Grenzen gesetzt. Die Gerichte dürfen den Eigennutzungswunsch des Vermieters daraufhin nachprüfen, ob dieser Wunsch ernsthaft verfolgt wird, ob er von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist oder ob er missbräuchlich ist, etwa weil der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht ist, die Wohnung die Nutzungswünsche des Vermieters überhaupt nicht erfüllen kann oder der Wohnbedarf in einer anderen (frei gewordenen) Wohnung des Vermieters ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden kann. Ferner wird der Mieter über die sogenannte Sozialklausel des § 574 BGB geschützt.

Zur Frage des Benötigens äußerte er sich dahingehend,

dass sowohl ein zeitlich begrenzter Bedarf hinsichtlich der Wohnung als auch ein Wohnbedarf, der zwar nicht von seiner Gesamtdauer her zeitlich begrenzt ist, der aber nicht die ständige, sondern nur eine zeitweise Nutzung der Wohnung umfasst, die Voraussetzungen des „Benötigens“ der Räume „als Wohnung“ und damit die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfüllen kann.
Deshalb kann grundsätzlich auch die vom Vermieter beabsichtigte Nutzung der dem Mieter überlassenen Räume als Zweitwohnung eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB rechtfertigen. Der Tatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach die Räume „als Wohnung“ benötigt werden müssen, setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht voraus, dass der Vermieter oder eine der sonstigen in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannten privilegierten Personen in der dem Mieter überlassenen Wohnung den Lebensmittelpunkt begründen wollen.

Bei dem Wunsch der Eigennutzung kommt es demnach auf eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls an, wonach der Eigennutzungswusch ernsthaft verfolgt werden, von vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen getragen sein muss und nicht missbräuchlich sein darf.

Für den Eigennutzungswunsch sprechen vernünftige und nachvollziehbare Gründe, da der Grund für den Nutzungswunsch als Zweitwohnung liegt daran, dass es für den Eigentümer nicht irgendein Haus ist sondern aus dem Familienbesitz stammt und damit gerade für ihn und seiner Familie einen Ausdruck der Verbundenheit zur Heimat darstellt, der auch den nächsten Generationen weitergegeben werde soll. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Schwerpunkt der Nutzung in der Zusammenkunft der gesamten Familie liegt.

Auch kann dem Eigentümer kein eindeutig überhöhter Wohnungsbedarf entgegengehalten werden. In Anbetracht der großen Anzahl der Familienmitglieder ist nachvollziehbar, dass sich die einzelnen Familien nicht in einer gemeinsam genutzten Wohnung aufhalten wollen.

Ferner steht dem Eigennutzungswunsch auch nicht entgegen, dass ein erhöhter und weiter steigender Wohnungsbedarf in Ballungszentren und Großstädten gegeben ist, da zum einen der Vermieter durch Art. 14 I S. 1 GG in seiner Freiheit geschützt wird die Wohnung entsprechend seinen Bedürfnissen zu nutzen und es zum anderen nicht Aufgabe des Vermieters ist, den Markt mit Wohnraum zu versorgen.

Zum Schutz des Mieters kann noch die Härteklausel des § 574 BGB angeführt werden, jedoch wurde vorliegend dahingehend nichts vorgetragen, was u.a. auch daran liegt, dass der Mieter selbst über mehrere Eigentumswohnungen in unmittelbarer sowie mittelbarer Nähe zur Mietwohnung verfügt.

(Dipl. Jur. W. Bauer)