Ausstehende Betriebskosten bei Auszug – wie lange darf der Vermieter die Mietkaution einbehalten?

BGH Urteil vom 20.07.2016, Az.: VIII ZR 263/14

Im vorliegenden Fall hatte der BGH darüber zu entscheiden, wann der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses vom Vermieter die Rückzahlung seiner Kaution verlangen kann.

 

Sachverhalt

Zwischen den Parteien bestand in der Zeit von 2002 bis 05/2009 ein Mietverhältnis zu dessen Beginn der Mieter ein Kautionssparbuch anlegte, welches er an seinen Vermieter verpfändete und ihm als Mietsicherheit übersandte.

Die monatlich zu entrichtende Miete setzte sich aus einem Nettobetrag sowie einer Vorauszahlung der geschuldeten Betriebskosten zusammen. Für die Jahre 2006 bis 2009 wiesen die jeweiligen Betriebskostenabrechnungen einen Nachzahlungsbetrag zugunsten des Vermieters aus, welcher vom Mieter bis Beendigung des Mietverhältnisses nicht beglichen wurde.

Im Dezember 2012 klagte der Mieter auf Pfandfreigabe und Rückgabe des Sparbuchs. Dem Anspruch hielt der Vermieter die bislang nicht entrichteten Nachzahlungsbeträge aus den Jahren 2006 bis 2009 entgegen, die den Kautionsbetrag überstiegen. Der Mieter hingegen berief sich hinsichtlich der jeweiligen Beträge auf Verjährung.

 

Im Einzelnen:

Der vorliegende Fall enthält mehrere Problemkreise. Zum einen geht es um die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen der Mieter seine Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückverlangen kann und zum anderen, wann eine noch offene Forderung aus den Betriebskosten verjährt und, ob aufgrund der Verjährung dennoch auf die Mietkaution zugegriffen werden kann.

1. Fälligkeit des Anspruchs des Mieters auf Rückzahlung der Kaution

Gesetzlich nicht geregelt ist die Frage, wann der Mieter seine Kaution zurückverlangen kann. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass ein Rückgabeverlangen nur dann besteht, wenn bei Beendigung des Mietverhältnisses keine offenen Forderungen, zu denen auch die Betriebskostennachforderung gehört, vorhanden sind. Ist dies der Fall stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Mieter seine Kaution zurückverlangen kann. Hierzu führt der BGH aus, dass dem Mieter, der eine Mietsicherheit geleistet hat, frühestens nach Beendigung des Mietverhältnisses und Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist des Vermieters ein Anspruch auf Freigabe der Sicherheit (Kaution) hat. Welcher Zeitraum dem Vermieter dabei zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH 18.01.2006, VIII ZR 71/05). Diese können so beschaffen sein, dass mehr als 6 Monate für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar sind.

Hinsichtlich der umlagefähigen Betriebskosten gilt zu bedenken, dass diese i.d.R. erst im darauffolgenden Kalenderjahr abschließend ermittelt werden und demzufolge vom Vermieter nicht umgehend bei Auszug des Mieters geklärt werden können.

2. Verjährung von Forderungen nach Auszug

Für Betriebskostennachforderungen gilt mangels abweichender Regelung die dreijährige (regelmäßige) Verjährungsfrist. Diese beginnt mit Ende des Jahres der Anspruchsentstehung und Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände, § 199 I BGB.

Demensprechend sind bei Klageerhebung in 2012 die Nachforderungen der Jahre 2006 und 2007 bereits verjährt.

3. Kann trotz Verjährung auf die Kaution zugegriffen werden?

Dies könnte im vorliegenden Fall grundsätzlich möglich sein. Nach § 216 I BGB kann bei Bestehen eines Pfandrechts (verpfändetes Kautionssparbuch) trotz Verjährung auf die Mietkaution als gewährte Sicherheit zugegriffen werden.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn man die Betriebskostennachforderung als wiederkehrende Leistung nach § 216 III BGB einordnet.

Nach der Rechtsprechung des BGH sind wiederkehrende Leistungen solche, die nach Gesetz oder Parteivereinbarung zu von vornherein bestimmten regelmäßig wiederkehrenden Terminen erbracht werden müssen. Ob die Leistung, sofern sie in einer Bezahlung besteht, in der immer gleichen Summe erbracht wird, ist für die Beurteilung ohne Bedeutung. Der zu zahlende Betrag kann auch schwanken oder zu manchen Terminen ganz ausbleiben. So verhält es sich grundsätzlich auch bei Nachzahlungsforderungen aus Betriebskostenjahresabrechnungen. Zu der periodisch zu leistenden Miete zählen indes nicht nur die Grundmiete, sondern auch die Vorauszahlungen auf die für das jeweilige Jahr zu erwartenden Betriebskosten. Daher sind diese als wiederkehrende Leistungen zu qualifizieren. Auch die Tatsache, dass sie als Saldo einer Betriebskostenjahresabrechnung verlangt werden ändert daran nichts, da zumal auch die sich daraus ergebenden, üblicherweise von Jahr zu Jahr in der Höhe schwankenden Zahlungen regelmäßig wiederkehrend zu erbringen sind.

Aus diesem Grund kann sich der Mieter für die Jahre 2006 sowie 2007 zu Recht auf die eingetretene Verjährung berufen.

Auch aus § 215 BGB ergibt sich nach Auffassung des Gerichts nichts anderes. Danach schließt die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Dies setzt aber einen fälligen Freigabeanspruch voraus. Wie oben bereits ausgeführt, war der Anspruch zur Freigabe der Kaution nicht fällig, da noch eine zu sichernde Forderung bestand.

Somit ergibt sich weder aus § 215 BGB noch aus § 216 BGB die Möglichkeit trotz Verjährung die Nachzahlungen der Betriebskosten einzufordern.

Den Vermietern ist also zu raten, sich mit der Geltendmachung der Betriebskostennachforderung nicht ewig Zeit zu lassen und keinesfalls bis zum Auszug des Mieters damit zu warten. Behalten Sie also stets die 3-jährige Verjährungsfrist nach § 199 I BGB im Auge, die mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Anspruch (Nachzahlung) entstand und Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände.

(Dipl. Jur. W. Bauer)