Schönheitsreparaturen – Vornahmeklauseln im Mietvertrag

Änderung der bisherigen Rechtsprechung

BGH Urteil vom 18.03.2015, Az.: VIII ZR 185/14

Der BGH hatte darüber zu urteilen, ob nach Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegen den Mieter ein Schadensersatzanspruch w
egen nicht bzw. nicht fachgerecht vorgenommenen Schönheitsreparaturen zusteht, wenn die Wohnung zu Mietbeginn in einem renovierungsbedürftigen Zustand übernommen wurde.

 

Sachverhalt (verkürzt)

Die Kläger sind Eigentümer einer Immobilie die sie unter Verwendung eines Formularmietvertrages an die Beklagten vermieten. Der Vertrag enthält u.a. folgende Regelung:

§ 4 Nr. 6

Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen.
Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen:
Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschl. der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von Innen.

§ 14 Nr. 1
Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen erforderlich:

In Küchen, Bädern und Duschen
In Wohn- und Schlafräumen, Fluren und Toiletten
In anderen Nebenräumen

alle 3 Jahre
alle 5 Jahre
alle 7 Jahre

Unter § 12 Nr. 2 des Mietvertrages befindet sich folgende zusätzliche Vereinbarung:
„Der Mietvertrag wird per 01.10. geschlossen. Mietzahlung erfolgt ab den 15.10, da der Mieter noch Streicharbeiten in 3 Zimmern vornimmt.“

 

Im Einzelnen:

Der BGH urteilte, dass die Verwendung einer Formularklausel die dem Mieter die Schönheitsreparaturen auferlegt, obwohl diesem die Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergeben wurde nach § 307 I S.1, II Nr. 1 BGB unwirksam ist, es sei denn, der Mieter erhält hierfür einen angemessenen Ausgleich.

Bei der Frage, ob derartige Klauseln den Mieter unangemessen benachteiligen (Abs. 1) oder diese nicht mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, zu vereinbaren sind (Abs. 2), sind diese entsprechend auszulegen. Die neuere Rechtsprechung und vorliegend auch der BGH geht hier von dem Grundgedanken aus, dass von den Auslegungsmöglichkeiten diejenige zu berücksichtigen ist, die für den Mieter am ungünstigsten ist. Grund hierfür ist, dass die Auslegung, die für den Mieter am ungünstigsten ist, ihn also am meisten benachteiligt, die Wahrscheinlichkeit erhört, dass die Klausel nach § 307 BGB unwirksam ist. Somit ist für ihn die ungünstigste Auslegung der Klausel zugleich die günstigste.

Gemessen an diesem Auslegungsgedanken führt der BGH in seiner Entscheidung aus, dass die Verpflichtung des Mieters zur Vornahme während des Mietverhältnisses anfallender Schönheitsreparaturen sich bereits nach dem Wortlaut derartiger Regelungen nicht auf nach Mietbeginn entstehende Abnutzungsspuren beschränken lässt. Denn sie stellen nicht auf den Zeitpunkt der Verursachung, sondern auf den Zeitpunkt der Renovierungsbedürftigkeit ab und schließen damit den vom Vormieter mitverursachten Renovierungsbedarf ein.

Auch die hier verwendete Klausel in § 4 Nr. 6 des Mietvertrags ermöglicht ein solches Verständnis nicht nur, sondern legt es es sogar nahe. In der für einen Mieter als Gegner des Klauselverwenders ungünstigsten Auslegung könnte der Mieter bei entsprechendem Zustand der Mieträume sogar bereits unmittelbar nach Mietbeginn zur Renovierung verpflichtet sein, obwohl die Abnutzung der Wohnung nicht auf ihn zurückgeht.

Noch deutlicher würde die Benachteiligung des Mieters, wenn die Dekoration der Wohnung bei der Übergabe an diesen bereits so abgewohnt oder verbraucht ist, dass eine weitere Verschlechterung während der Vertragslaufzeit schon aus diesem Grund praktisch nicht mehr in Betracht kommt. Führt der Mieter in diesem Fall bei Vertragsbeginn eine Renovierung durch, zu der er nicht verpflichtet ist, müsste er spätestens bei Vertragsende gleichwohl renovieren, obwohl sich die Wohnung in keinem schlechteren Zustand befindet als sie ihm bei Nutzungsbeginn überlassen worden war. Auch diese Konstellation ist nach dem Grundsatz der feindlichsten Auslegung zugrunde zu legen und führt zur Unwirksamkeit der Vornahmeklausel, weil diese dem Mieter die Verpflichtung auferlegt, die Wohnung gegebenenfalls in einem gegenüber dem Vertragsbeginn verbesserten Zustand zurückzugeben.

Ein angemessener Ausgleich kann die Benachteiligung kompensieren und erhält die Wirksamkeit der Klausel aufrecht.

Wie sollte dieser Aussehen?

Hierzu führte der BHG aus, dass der Mieter durch den vom Vermieter zu gewährende Ausgleich so gestellt werden müsse, als sei ihm ein renovierter Wohnraum überlassen worden. So können sich die Parteien etwa dafür entscheiden, dass der Mieter zum Ausgleich für den Renovierungsaufwand für eine Bestimmte Zeit weniger oder gar keine Miete zu entrichten hat.

Als Erfüllt sah er die an einen angemessenen Ausgleich gestellten Voraussetzungen allerdings nicht an, da seiner Auffassung nach eine halbe Monatsmiete den Renovierungsaufwand nicht kompensiere.

Bei der Frage nach dem angemessenen Ausgleich sollte darauf geachtet werden, dass sich Mietnachlass und dem Mieter aufgebürdete Renovierungskosten decken. Dabei sind wohl nicht nur die tatsächlich entstandenen Kosten zu berücksichtigen, sondern auch der Arbeitsaufwand den der Mieter leisten muss, sofern er hierfür nicht selbst ein Unternehmen beauftragt.


(Dipl. Jur. W.Bauer)